In Zeiten wo die Aqua bei der Barcolana quasi fix gesetzt war, habe ich immer schon mit einer Teilnahme an der größten Regatta der Welt geliebäugelt. Ein Mal war ich ganz knapp dran, als ich 2019 zur Taufe des VO65 “Sisi” zur Barcolana-Zeit nach Porto Piccolo durfte, um die Sponsor-Agenden des Teams zu vertreten. Die wilden Geschichten der letzten Ausgabe in 2022, mit wetterbedingten Herausforderungen ließen mein übungstörn-geprüftes Seglerherz noch höher schlagen. Idee traf auf Motivation und der Plan für meine erste Regatta als Skipper war geboren.
Und weil es eben meine erste Regatta als Skipper werden würde, musste ich ein starkes Team sammeln. Dankenswerterweise hatte Robert Muhr nach dem letzten UT eine Gruppe für die Skipper eingerichtet, also war ein Aufruf leicht erstellt. Zum Glück waren Valentin Breitfuss, Matthias Lichtenstern und Julia Dahlvik gleich begeistert und eine Teilnahme einer NCA-UT-Skipper-Crew an der Barcolana fix. Als dann auch noch Werner Zöhrer-Sauer, Thomas Lechner (beide auch UT-Skipper), Stephan Offenbacher und Felix Ettema (beide Rookies) mit von der Partie waren, stand uns nichts mehr im Wege.
Als fahrender Untersatz fanden wir in der Salona 44 Istros von In2the Blue ein treues Gefährt. So machten wir uns in zwei Fahrzeugen auf nach Punat auf Krk. Mit klaren Zwischenzielen für wichtige Aufgaben in Pula und Novigrad machten wir uns sofort auf den Weg… Unter Motor, weil kein Wind. Noch war das kein Problem, weil wir ja auch nicht wussten, dass das der Tenor werden würde.
In Pula liefen wir um 0231 für unsere “Just-in-Time” Delivery ein. Die Pogo 12.50 Raceberry brauchte Ausstattung für das Middle Sea Race, die wir vorbei brachten. Als Dank bekamen wir nach einer UT-like mustergültigen Nachtfahrt mit Ansteuerung noch ein paar Stunden Schlaf in der Veruda. Auf ging es zur zweiten Station: eine ominöse Zustellung eines unbekannten Gegenstandes, der unheimlich wichtig sein musste. So wurde eine Rose Trinkflasche zu einem Anlass, sich mit “unserem Präsidenten” im dreier Paket auf der VOMP zu treffen. Danke an Klaus und Evelyn für den freundlichen Empfang, und die Insider-Tipps für eine gute Nachtruhe vor Anker.
Am nächsten Tag galt es, nach Izola zu kommen um Julia aufzunehmen und unsere Fangemeinde zu treffen. Der neue Gemeindesteg schien, trotz anfänglicher Sorgen wegen der Tiefe, ob der Nähe zum Stammrestaurant für uns gemacht. Pleckavica mit Käse im Morski Val muss einfach sein, wenn man in Izola ist. Julia arrivierte auch pünktlich zum Abendessen, also war die Crew komplett.
Am Freitag galt “Regattamodus: an” und trainieren. Zum Glück hatten wir uns entschieden früh auszulaufen, weil wir vermuteten, dass die Sea Breeze auf Grund des Hochs trotz Herbst noch stark genug sein würde die leichte Bora (die eigentlich keine ist) aufzuheben. Und genau so kam es auch. Wir testeten die Regatta-Strecke so gut wie möglich und versuchten herauszufinden, bis welcher Höhe und mit welcher Einstellung des Großsegels die Istros unter Code0 schnell fahren konnte. Nur zu gut, dass wir den kleinen Riss im Code0 vorher noch repariert hatten… Ein Törn ohne Segelschaden hat es übrigens bei mir auch schon lange nicht mehr gegeben… Was mir vielleicht zu Denken geben sollte… Zurück in Izola trafen wir unsere Fangemeinde (Sabine und Marieke), die extra für uns aus Graz angereist war… Oder so. Die Crew empfing sie herzlichst, und auch Thomas, der Eigner einer Archambault 40, genoss den Abend auf der Istros.
Am Samstag stand einer der Vorregatten für die Barcolana an. Unsere hatte den packenden Titel “From Slovenia to Barcolana”. Im Vorfeld hatten wir versucht einige Infos über die Veranstaltung herauszufinden… War aber gar nicht so leicht. Wir bekamen eine Flagge in die Hände gedrückt, und den Hinweis, dass um 10:45 zuerst die L30 Weltmeisterschaft starten sollte, und wir danach. Auf der Frage, ob es in Triest für die Teilnehmer dann auch Liegeplätze gäbe, kam ein “yes,... probably… I think so…” Also können wir den reservierten Liegeplatz in Porto Piccolo absagen? “Yes, definitely!” Na ja, wird schon schief gehen.
Beim Start warteten dann doch ungefähr 10 L30s und 30-40 weitere Boote auf den Startschuss, was uns etwas überraschte. Als 30 Sekunden vor dem Start die Maxi Jena direkt aus Montenegro unser Deck im Schatten verschwinden ließ, waren wir etwas beeindruckt. Als sie sich dann mit Motor auf die Startlinie platzierte und sogar den Start unter Motor absolvierte, waren wir enttäuscht. Die Buh-Rufe der anderen zeigte uns, wir waren nicht die einzigen mit einem Herz für faires Sportsmanship.
Zum Glück konnten wir unsere Konzentration beibehalten, aber leider unsere gute Platzierung nach dem Start nicht. Taktiker Valentin hatte uns zur richtigen Zeit an den richtigen Ort dirigiert, aber die Mannschaft konnte gemeinsam den richtigen Trimm für die veränderten Bedingungen, im Klartext: kein Wind, einfach nicht finden. Etwas entnervt umschifften wir den auf dem Regattakurs geparkten Tanker, bevor wir eine taktischen Weg durchs Hafenbecken fanden, um uns noch innerhalb der Zeit über die Linie bringen zu können… Nach einem Funkspruch mit der Jury wurden wir in 200 Meter entfernung der Linie gewertet, und so kam es das manches Crewmitglied ihre erste Regatta absolvierte, ohne die Ziellinie je gesehen zu haben.
Als Entschädigung für unsere Mühen fanden wir einen Mooringplatz direkt am Hauptsteg. Die Offiziellen schienen mit unserem zielsicheren Anvisieren der ersten Reihe kein Problem zu haben, und so waren wir nun mittendrin statt nur dabei. Auch die losen Festmacher an der Mole und eine Festmacher an der Mooringleine als Reservierung sollten uns hier vor morgen früh nicht mehr ablegen lassen. “Reservieren ist nicht”, erklärte unser Nachbar, also alles gut.
Nun hatte ich persönlich erwartet, dass viele Boote aus der Ferne anreisen würden. Dementsprechend erhoffte ich mir eine Registrierung am Hauptplatz, im Zentrum des Geschehens, wo wahrscheinlich ohnehin jeder hin würde wollen. Aber die Barcolana wird vom Segelverein in Barcola ausgerichtet, weswegen die Registrierung unbedingt dort vor Ort vorzunehmen ist. So kam es also, dass der Skipper die Siegerehrung der Vorregatta gegen eine Bus-Odyssee tauschte um die Regattaflagge und die Bugnummern abzuholen. Ich sollte damit im Nachhinein nichts verpassen. Zurück am Boot waren die Nummern schnell geklebt und die Flagge noch schneller Ordnungsgemäß verknotet, also hielt uns nichts mehr zurück: Auf ins Getümmel, Boote schauen und Gin-Tonic trinken.
Am Sonntag war klar: Regattamodus ist angesagt. Mit der Begeisterung von echten UT-Skippern wurde nichts dem Zufall überlassen. Nur die Windprognose könnte für eine Lotterie sorgen. Es war nichts angesagt, und das von allen Seiten. Das Schauspiel ab 2 Stunden vor dem Start war aber ohnehin so beeindruckend, dass ich mir nicht ausdenken möchte, wie das bei Wind funktionieren soll. Nicht nur die Menge an Booten ist unfassbar, auch die Qualität. Vom Maxi bis zum Meteor und von scheinbar prähistorisch bis hochmodern ist alles dabei. Und alles in segelbarem Zustand. Mich hat es vor allem beeindruckt, wie selbstverständlich es für die Italiener ist, bei der Barcolana mitzufahren, und welchen Spass und Freude sie daran haben. Da wird der ambitionierte Segelgrantler in mir fast neidisch.
Mit Valentins Hilfe gelang es uns abermals hervorragend uns trotz der Menge genau zum Start auf die Linie zu platzieren. Wir hatten das Gefühl, unter den Ersten über der Linie zu sein. Das Foto, das später auf der ORF News Seite veröffentlicht werden sollte, zeigte uns zwar erkennbar (AUT24), und weit vorne, aber erstens bei weitem nicht gemäß unserer Empfindung, und zweitens sollte sich das schnell ändern. Ein schönes Gefühl war es trotzdem. Gleich darauf begann auch schon der zweite Nervenkitzel. Keine 3 Minuten nach dem Start drehte der Kein-Wind 180 Grad, sodass wir nun nicht mehr an der bevorzugten Seite segelten, sondern klar benachteiligt waren. Damit begann das lange Zittern. Nach einiger Zeit als Teil des unfassbaren Schauspiels hörten wir zehn Kanonenschüsse und sahen Feuerwerk in Triest… WTF??? Wie ist das denn möglich… Nachdem wir zunächst den Funk, genervt von italienischen Lustigkeiten, leise geschaltet hatten, drehten wir ihn nun wieder auf und erfuhren: Bahnverkürzung. Es ging sogar nur bis zur ersten Boje! Also noch ein Mal vollgas.
Ein Winddreher verleitete uns im nächsten Moment zum Wechsel von Code0 auf Genaker… Man hat ja sonst nichts zu tun. Als wir dann verstanden hatten, dass es nur ein kurzer Dreher war, steigerten wir das ganze: Code0 anschlagen und setzen, und dann erst Genaker bergen. Hatten wir so auch noch nicht gemacht… War ja genug Zeit. Alles in allem hatte auch an diesem Tag jeder in der Crew seinen Anteil, Berechtigung und eine wichtige Rolle. (An dieser Stelle nochmals vielen Dank, dass ihr so lange die Nerven bewahrt habt!)
Mit einem Finish an 496. Stelle, aber vor so manchem Olympiateilnehmer, stand fest: Die Barcolana mag die größte Segelregatta der Welt sein, sie ist vor allem ein großes Segelfest, und das ist großartig!
Als Julia und Felix in Triest von der Fangemeinde für die Heimreise übernommen wurden, stand auch sofort die Heimreise nach Punat aufs Programm. Typisch für diese Woche war auch dieser: als endlich Wind zum Segeln war, hatten wir nicht genug Zeit mehr für den Kreuzkurs. Der Motor blieb also in Dauerbetrieb… Was im Nachhinein nicht nötig gewesen wäre: Die Tankstellen in KRK hatten schon geschlossen. Nach einer netten Abschluss Nacht in Krk verlangte es am nächsten Tag die gesamte seglerische Kreativität, um mit zu viel Tiefgang trotzdem an der Ina-Tankstelle tanken zu können: Tanken mit Eindampfen in der Heckleine kannte ich noch nicht. Aber hey, bei keinem Wind geht alles, oder? Tank voll, ab nach Punat für Check out und Heimreise.
Fazit: die Barcolana ist eine Wiederholung wert, und mit dieser Crew jederzeit gerne wieder! Danke an alle für die schöne Zeit beim Segeln und Abseits davon. Für nächstes Jahr gibt es aber auch schon andere Ideen… Wer mal mit etwas Größerem (zB. VO60/VO70) oder Schnellerem (zB. Class40/Pogo12.50) dabei sein möchte… Wir können gerne gemeinsam so ein Projekt aufziehen. Also bitte gerne melden.