NCA Übungstörn: Eine Institution des Hochseesegelns
Die Geschichte des Übungstörns
Seit nunmehr 43 Jahren organisiert der Nautic Club Austria den Übungstörn, volkstümlich auch Ostertörn genannt. Ziel des Törns ist es, die Mitglieder auf die Saison vorzubereiten und Fokus auf Navigieren ohne elektronische Hilfsmittel, Simulation der Langfahrt und gute Seemannschaft zu legen. Dazu gehört auch die Einführung in die Praxis für die “Kandidaten”, die im Winter ihre FB2&3 Theorie-Kurse absolviert haben. Diese Kombination verlangt einiges an Organisation: ist es doch nicht mehr so einfach, derart viele vernünftige Segeljachten zu finden, die den Anforderungen für eine Fahrt im FB3 gerecht werden, mit Latten-Großsegel ausgestattet sind, und über ein ordentliches Raumwind-Segel verfügen. Zum Glück findet der NCA im NCP seit Jahren einen guten Partner, der diese Anforderungen versteht und mit den Grand Soleil Boote hat, die gut segeln und sich bei etwas mehr Wind vernünftig bewegen lassen. Wurden die ersten Übungstörns in der oberen Adria abgehalten, findet er nun schon seit fast 20 Jahren in der Adriatischen Mitte ihren Platz mit dem Ausgangshafen Sibenik. Von da aus werden alle Boote in der Regel von jeweils einem Skipper und einem Co-Skipper geführt. Neben der Funktion der Schiffsführung sind sie auch Ausbilder. Für viele bedeutet das: Schulungsbetrieb im Wachrad als Dienst für den Club.
Voraussetzungen für den Übungstörn 2023
Hat der NCA Übungstörn während der Corona-Jahre nach vielen erfolgreichen Editionen mit deutlich weniger Booten stattgefunden, war der Andrang für den UT 2023 sehr groß und schon im Jänner landeten die Anmeldungen auf einer Warteliste. Nach vielen Bemühungen der Organisations-Familie Kotnig unter Leitung von Claudio Kotnig war es möglich, 161 Teilnehmer auf 20 Booten aufzunehmen. 20 Boote war eine selbst auferlegte Grenze und hat der Qualität der Ausbildung den Vorrang gegenüber der Quantität gegeben. Darunter ein Baby-Boot, ein Kinder-Boot und ein Jugend-Boot.
Leider traf das Schicksal die Familie und den Verein hart. Claudio wurde einige Wochen vor dem Törn von einem medizinischen Notfall getroffen. Auch in seinem Sinne wurde der Übungstörn trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, mit viel Engagement und Begeisterung für die Seemannschaft durchgeführt.
Der Übungstörn 2023
Von Sibenik aus wurde am vorletzten Samstag vor Ostern zunächst eine ordentliche Nachtfahrt unternommen. Dafür wird zumindest bis weit über Mitternacht gefahren, nach Möglichkeit gesegelt. Tagesziel: Eingewöhnung im Wachbetrieb, Navigation mit Karte und Peilkompass statt GPS und ein Steg-Bier in den frühen Morgenstunden irgendwo in der Gegend rund um Sibenik, meist Prvic oder Zlarin. Am Sonntag zu Mittag treffen sich dann alle Crews nach einigen morgendlichen Anlege-Übungen auf der Stadtmole von Sibenik für das obligatorische Gruppenfoto. Klare Vorgabe des Initiators des Übungstörns Bernhard Kotnig: OHNE Kapperl und OHNE Sonnenbrille!
In den letzten Jahren war es danach üblich sich zum Hafenkapitän zu begeben, und bei der Zollmole auszuklarieren. Übliches Ziel seit Jahren: Ortona in Italien. Heuer war aber, ähnlich wie in den letzten Jahren, alles anders. Kroatien ist seit heuer Teil des Schengenraums, also ist das Ausklarieren für eine Fahrt nach Italien nicht notwendig. Das hätte die Sache einfacher gemacht, aber es war für die italienisch Ostküste zum Zeitpunkt der Ankunft Sturm angesagt. Die Hafenkapitäne mehrerer italienischer Häfen konnten die Liegeplätze nicht zusichern, dass die heimischen Fischer wegen dem Wetter wohl aufs Fischen verzichten würden und somit die Liegeplätze nicht frei wären. So wurde seit über 20 Jahren erst das dritte Mal nichts aus der Überfahrt, und ebenso nichts aus dem schnellen italienischen Espresso in der Hafenbar.
Die geballte seemännische Kompetenz des NCA, aus gegebenem Anlass unter der fachmännischen Leitung von Kapitän Robert Muhr, fand nach Studium der Wettermodelle aber schnell eine geeignete alternative Route, die etwas Hochseefeeling aufkommen lässt und ein klares Ziel vorgibt. Lasse Vis an Steuerbord, um Palagruza herum nach Ubli auf Lastovo. Also, Leinen los, auf zu einigen Stunden, die sowohl die Schönheit als auch die Grausamkeit des Segelns zeigen würden.
Bei Ankunft in Ubli offenbarte sich ein gemischtes Bild. Einige Crews hatten am Sonntag gleich abgelegt, genossen die Genaker- und Spinnaker-Fahrt unter mäßiger Bora in den ersten Stunden, und hatten es nach der Umrundung von Palagruza auf der Kreuz, im 2. oder 3. Reff, gut zum Segeln. Diese Crews waren nach etwa 24 Stunden um die Mittagszeit in Ubli und am Abend, als manche andere Crews müde und abgekämpft ankamen, zum Feiern aufgelegt. Die letzten Crews berichteten dann von ein paar kleineren technischen Problemen, großen Wellen und tapferen Besatzungen. Wer ein drittes Reff hatte, konnte sich des Neids der anderen sicher sein.Viele wurden nass, manch einer sogar sehr.
Nach einer kurzen Nacht ging es am Dienstag weiter nach Starigrad. Zwei Boote hatten sich entschieden, noch in der Nacht zu fahren, weil das Wetter in manchen Modellen für die Morgenstunden schlechter angesagt war. Einige weitere Boote entschieden sich früh loszufahren, weil die Strecke gegen Wind durchaus ihre Zeit in Anspruch nehmen könnte. Der Rest der Flotte entschied sich, die Crew zu schonen, sodass sie sich von dem Einsatz am Balken und den Gesprächen mit der Meerjungfrau erholen konnten. Was war die bessere Entscheidung? Sagen wir es so: ein weiterer Tag mit starker Bora, manche kamen schnell und unbeschadet ans Ziel, andere durften viel dazu lernen.
Manche Crew kämpfte sich nach Starigrad, das Jugendboot und die 2 Babyboote kamen von Solta nach Starigrad und das alles ohne viel Trara - Respekt. Am Abend waren alle Boote des Übungstörns im wunderschönen Hafen von Starigrad versammelt. Das sehr freundliche und hilfsbereite Team des Hafens stellte alle unsere Jachten auf die selbe Seite und die Sanitäranlagen waren für manche schon fast wie Weihnachten. Ein Dank an den Hafen Starigrad - wir kommen sicher gerne wieder. Am späten Abend fanden die Crews auf einzelnen Jachten zusammen und erzählten von ihren Erlebnissen der 2 Überfahrten und sponnen wohl auch etwas Seemannsgarn…
Nach einer kurzen Nacht stand am Mittwoch wie üblich die Übung der Segelmanöver an. Danach wurden mehrere Häfen in der Nacht angesteuert. Da unser übliches Ziel, Rogoznica, nicht annähernd genügend Platz für 20 Jachten bot, wurde heuer Zlarin als finales Ziel der Nachtansteuerung gewählt. Damit musste aber die übliche Route der Wettfahrt für den nächsten Tag geändert werden. Man einigte sich auf folgende Strecke: vom Plic Sestre um die Einzelgefahr Bacvica und weiter zum Ziel beim Leuchtfeuer auf Lupac. Dieses “Matcherl” ist immer ein besonderes Highlight für alle, egal ob erfahren, unerfahren oder gar Skipper, und sorgt für reichlich Emotionen und Stoff am Abend am Steg. Zwischen dem Finish und dem Anlegen in Skradin wird aber das Geschick der Crews ein weiteres Mal auf die Probe gestellt. Galt es vorher schnell zu segeln, geht es beim Durchsegeln der Schluchten nach Skradin vor allem darum zu verstehen, wie und wann der Wind Druck in den Segeln erzeugt, und wie man damit elegant durch eine solche Enge kommt - eigentlich eine zweite Wettfahrt - wenn auch noch inoffizieller.
Sehenswerte Aktion am Nachmittag war aber auch das Anlegen im Dreierpaket. Nachdem eines der Boote schon die ganze Woche mit den Folgen der Dieselpest zu kämpfen hatte, streikte deren Motor abermals bei der Einfahrt nach Skradin. Richtig verbunden und gut koordiniert lässt sich ein Dreierpaket aber lenken wie ein Katamaran, und so war auch diese Erfahrung besonders lehrreich und Stoff für ein Gespräch am Steg.
Nach einer ausgiebigen Nacht in Skradin war am letzten Tag noch Zeit für Hafen- und Segelmanövertraining. Die Crews konnten sich einiges nochmal zeigen lassen, ein weiteres Mal üben, oder die Manöver lernen, für die bis jetzt keine Zeit war. Der obligatorische Tankstopp war nach einer Woche voller Übung somit keine Herausforderung mehr, und so kehrten alle Crews müde, aber zufrieden nach Sibenik zurück. Gut gerüstet für eine windreiche Segelsaison oder die FB2 Praxisprüfung.
Nachtrag
Claudio Kotnig verstarb leider am 14.4.2023, und hinterlässt persönlich sowie fachlich eine Lücke, die nicht zu schließen sein wird. Er hätte sicher Gefallen daran gefunden, dass sich heuer besonders viele von einer Teilnahme am Übungstörn und dessen Herausforderungen begeistern ließen.
Ergebnis Wettfahrt:
1. KETY (Robert Muhr)
2. STRIBOR (Valentin Breitfuss)
3. GET LUCKY (Felix Meixner)
4. ALMAR (Harald Brunner)
5. ALBA (Fabian Strommer)
6. MAJA 3 (Nik Königshofer)
7. MATTERHORN (Stefan Hütter)
8. PINGALA (David Seidl)
9. ANATELA (Nik Königshofer jun.)
10. PETRA (Matthias Lichtenstern)
11. PRIVAT DANCER 2 (Jasper Ettema)
12. ALIBABA (Peer Reeh)
13. AVALON 2 (Werner Zöhrer-Sauer)
14. GRETA Jugendboot (Viktoria Kotnig)
15. VOMP (Klaus Vrecer)
16. SKALICE (BARONE) (Martin Schneebacher)
DNC/DNF
AMAZING (Evelyn Vrecer)
NESKA II - Babyboot (Maria Muhr)
PAINKILLER (Thomas Novak)
ALIAN - Babyboot (Patrick Leonhardsberger)